Das europäische Managementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) für Unternehmen und Organisationen sorgt für eine umweltfreundliche und energieeffiziente Planung und Umsetzung von Maßnahmen im Betrieb. Die Teilnahme an der Zertifizierung ist freiwillig und dauert, von der Ist-Aufnahme bis zur externen Prüfung durch einen Umweltgutachter, etwa ein Jahr.

Das EMAS-System verlangt eine kontinuierliche, messbare Verbesserung der Umweltleistungen, bei der alle Mitarbeitenden eingebunden werden. Der offene Dialog zu Umweltfragen ist eine weitere Anforderung jeder EMAS-Organisation. Dafür muss jährlich eine Umwelterklärung veröffentlicht werden, in der über alle relevanten Umweltauswirkungen, bspw. Emissionen, Abfälle, Wasser- und Energieverbräuche, relevante Tätigkeiten sowie angestrebten Ziele und Maßnahmen berichtet wird.

Die Bundeszentrale der Caritas in Freiburg (DCV) ist seit 2017 EMAS-zertifiziert. Im Interview verrät Barbara Röllgen, Referentin des Deutschen Caritasverbandes, wie es dazu kam und was es zu beachten gilt, wenn Verbände eine Zertifizierung anstreben.

Frau Röllgen, die Bundeszentrale der Caritas ist seit 2017 EMAS zertifiziert – wie kam es dazu?

Die Wahrung der Schöpfung ist eines der Ziele des Deutschen Caritasverbandes (DCV) und damals 2017, gab es eine größere Aktion, bei der sich verschiedene Einrichtungen der Caritas, nicht nur der DCV, EMAS-zertifizieren lassen wollten. Wir hatten damals gehofft, dass noch mehr Einrichtungen und Dienste im Verband dazu kommen – und wollten eine größere Gruppe zusammenbekommen. Letztlich waren es fünf Organisationen, die sich angeschlossen haben: Die DCV-Zentrale in Freiburg, die Fortbildungs-Akademie des DCV, die Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg, der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) in Freiburg und Katholisches Lehrlingsheim Freiburg GmbH, die sich allerdings 2020 wieder im EMAS Register hat streichen lassen.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Organisation zertifiziert wird?

EMAS ist ein Umweltmanagementsystem, das heißt, es muss ein ganzes Managementsystem installiert, gelebt und regelmäßig geprüft werden. Es wird ein Umweltbericht erstellt und von einer externen Prüfungsstelle kontrolliert werden. Davon hängt ab, ob man zertifiziert wird oder nicht. Wir haben im Zuge der EMAS-Einführung eng mit einem Beratungsunternehmen gearbeitet, das darauf spezialisiert war. Wenn man so professionell rangeht, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man zertifiziert wird hoch. Aber ich weiß, dass es auch kleinere Organisationen gibt, die aussteigen, weil der Aufwand zu hoch ist.

Ein hoher Aufwand, inwiefern?

Es ist keine einmalige Sache, keine reine Datenerhebung und Dokumentation, sondern eben ein komplexes Managementsystem, dass eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistungen sicherstellen soll. Das bedeutet, neben der ständigen Managementaufgabe zur stetigen Verbesserung unter Einbeziehung aller Mitarbeitenden, sind jährlich alle Umweltdaten zu erheben, Emissionen zu berechnen und ein umfänglicher Bericht zu erstellen.

Eine der Anforderungen des Umweltmanagementsystems ist, dass sich die Mitarbeiter auch beteiligen. Wie läuft die Teilnahme im DCV?

Wir machen regelmäßig interne Audits, in denen wir verschiedene Abteilungen besuchen und Fragen zu verschiedenen Themen stellen. Beispielsweise zum Veranstaltungsmanagement oder Papierverbrauch, sodass wir immer wieder in den Organisationsbereichen sind und mit den Menschen ins Gespräch kommen. Diese Gespräche sind oftmals fruchtbar und es werden neue Ideen geboren.

Können sie hierfür ein Beispiel geben? 

Zum Beispiel war es ein großes Anliegen der DCV-MitarbeiterInnen Biomülleimer einzurichten. Aus Sicht von EMAS, ist das ein sehr kleiner Beitrag für die Umweltwirkung, aber dafür ein sicht- und spürbarer. Im Gegensatz hat unser hauseigenes Blockheizkraftwerk eine sehr viele positivere Auswirkungen auf unseren CO2-Ausstoß. Das Kraftwerk steht jedoch im Keller – und MitarbeiterInnen bekommen davon nichts mit. Doch jeden Tag, wenn man Biomüll in den normalen Mülleimer schmeißt, denkt man: ‘Das ist nicht richtig’ – daher müssen wir auch für Ideen offen bleiben, die eventuell nicht die größte Wirksamkeit haben, dafür aber die Mitarbeiter erreichen.

Wie beurteilen Sie allgemein das Interesse der Mitarbeiter am Umweltmanagement?

Es besteht ein Interesse der Mitarbeitenden, aber wir spüren auch, dass es oftmals schwierig ist, zusätzlich zu den eigentlichen Arbeitsaufgaben weitere Verpflichtungen einzugehen. Für die Mitarbeit im Umwelt-Team ist es nicht so leicht neue KollegInnen zu begeistern.

Was wäre die Lösung?

Ein Punkt ist eventuell die Kommunikation. Wir versenden unsere Aufrufe an die Mitarbeitenden über das DCV-Intranet und per E-Mail. Mag sein, dass unsere Nachrichten über diese Kanäle nicht stark genug wahrgenommen werden. Oft erreichen mich Nachfragen erst zwei Monaten nach dem Versenden der Infos. Nun könnte man die geringe Resonanz natürlich damit begründen, dass die Mitarbeitenden der Meinung sind, alles laufe gut – und man müsse sich nicht zusätzlich einbringen. Aber das ist nicht mein Eindruck. Bei Umfragen und Audits merke ich, dass der große Teil der DCV-Mitarbeiterschaft nicht zu 100 Prozent zufrieden ist mit dem Umweltmanagement im Haus. Konstruktive Verbesserungsvorschläge versuchen wir immer einzubeziehen.

Zurück zur Zertifizierung. Diese ist mit Kosten verbunden. Wo entstehen diese und sind kleinere Organisationen überhaupt in der Lage sich ein EMAS-Siegel zu leisten?

Es entstehen Kosten für die einmalige externe Beratung durch ein passendes Umweltunternehmen, das bei der Einführung des Umweltmanagements hilft. Bei großen Unternehmen folgen die jährlichen Kosten für das externe Audit, kleinere Unternehmen sind nicht in der Pflicht jedes Jahr mit externen Prüfern zu arbeiten. Dann entstehen laufende Kosten für den Stellenanteil eines /einer Umweltreferent*in bzw. Umweltmanagementbeauftragten. Davon unabhängig können natürlich einige Umweltmaßnahmen mit hohen Investitionskosten (Bau von Blockheizkraftwerken, Fenstererneuerungen etc.) oder laufenden Kosten (Verwendung umweltfreundlicher Büromaterialien, Kompensation von Flugreisen.) verbunden sein.

Es gibt auch kritische Stimmen zu EMAS. Der BUND spricht gar von Greenwashing. Wie sehen Sie das?

Bei der letzten externen Prüfung bekamen wir diesbezüglich ein sehr positives Feedback. Der Umweltgutachter stellte fest, dass der DCV ein gut funktionierendes Umweltmanagementsystem hat und viele Maßnahmen umsetzt, aber zu wenig darüber berichtet, quasi das Gegenteil von Greenwashing. Natürlich gibt es auch Unternehmen, die eine EMAS-Zertifizierung vor allem deshalb haben, um sich das auf die eigenen Briefbögen drucken zu können. Missbrauch von an sich gut konzipierten Systemen oder Werkzeugen kann es aber immer geben.

Was ist ihr Fazit nach vier Jahren EMAS – können sie die Zertifizierung weiterempfehlen? 

EMAS ist ein gutes System. Momentan sind Themen wie Umwelt- und Klimaschutz in aller Munde. Und diese Themen werden so schnell auch nicht an Brisanz verlieren, ganz im Gegenteil. Mit EMAS wird ein eigenes Umweltmanagementsystem im Betrieb installiert, dadurch werden Umwelt- und Klimaschutzaspekte es auch ins ‘normale’ Management mit aufgenommen und bleiben im Gespräch und am Laufen. Wer EMAS zertifiziert ist, der bleibt auch am Ball. Nicht zuletzt durch die Notwendigkeit der regelmäßigen Überprüfungen.


Zur Person: 

Barbara Röllgen ist ausgebildeter Diplom-Kauffrau und Referentin in der Bundeszentrale des Deutschen Caritasverbands in Freiburg ist sie zudem für EMAS-Zertifizierung zuständig.

Weitere Infos:

Jedes Jahr neu: Die Umwelterklärung 2020 des Deutschen Caritasverbandes