Die höchsten Beschlussgremien der Caritas haben sich klar entschieden: Klimaschutz muss viel ernster genommen, politisch umgesetzt und sozial ausgestaltet werden. Die Zeit der vielen Worte ist vorbei, nun zählen politische Handlungen. In nahezu allen politischen Bereichen müssen die Weichen Richtung Klimaschutz gestellt werden. Der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen muss deutlich teurer, die Einnahmen jedoch an die Bevölkerung zurückgezahlt werden, damit Einkommensärmere nicht zu stark belastet werden. Denn sie haben meist keinen Einfluss auf den energetischen Zustand der Wohnungen oder die Art der Wärmeversorgung.
Nach wie vor subventioniert die Regierung klimaschädliche Energien und Verkehrsarten mit Dutzenden von Milliarden Euro. Dieses Geld muss umgehend in den Ausbau einer klimafreundlichen Infrastruktur (öffentlicher Verkehr, klimafreundliche Wärmeversorgung etc.) investiert werden. Dadurch wird klimafreundliches Handeln für alle erleichtert, Klimakiller werden nicht weiter begünstigt. Auch in den Bereichen Verkehr, Stadtentwicklung, Energiewende, Gebäudesanierung und Digitalisierung müssen die Weichen deutlich stärker in Richtung Klimaschutz gestellt werden.
Die knapp 25.000 Dienste, Einrichtungen und Verbände des Deutschen Caritasverbandes stoßen selbst eine große Menge an Treibhausgasen aus- bei der Beheizung der Gebäude, bei der Stromversorgung, im Bereich der Mobilität, der Verpflegung oder im sonstigen Beschaffungswesen. Dieser Ausstoß soll in großen Schritten rasch reduziert werden, um im Jahr 2030 die Klimaneutralität erreicht zu haben. Damit dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden kann, müssen in unterschiedlichen Bereichen die Refinanzierungen angepasst werden. Auch dafür setzt sich der Deutsche Caritasverband ein.
Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit: Beides erreichen statt Kluft vertiefen
Warum mischt sich der Deutsche Caritasverband in die Klimapolitik ein- gibt es nicht genug Umweltverbände, die dies besser können? Viele Jahre wurde diese Frage bejaht, die sozialpolitische Dimension von Klimaschutz und Klimapolitik verblieb im Dunkeln. Dabei sprechen die Fakten eine klare Sprache: Diejenigen, die die Klimakrise nicht oder am wenigsten verursachen, leiden heute und künftig am stärksten darunter. Und die Verursacher werden in der bisherigen, auf Anreizen basierenden Klimapolitik bevorzugt, wohingegen bei verbindlichen Regelungen die Einkommensschwachen relativ betrachtet deutlich stärker belastet werden.
Verursachung der Klimakrise
Die Hälfte der Weltbevölkerung lebt bereits klimagerecht. Sie hat in den Jahren 1990-2015 mit 0,7t CO2 nur halb so viel CO2 ausgestoßen wie das reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung (63 Mio. Menschen). Als unbedenklich gilt ein Ausstoß von 1 t pro Person und Jahr. (Quelle Oxfam). Auch in der EU ist die Verbrauchsschere stark gespreizt. Das reichste 1 Prozent stößt zehn Mal mehr CO2 Äquivalente aus als die ärmsten 50 Prozent.
Für Deutschland ergibt sich kein nennenswert anderes Bild. So besitzen bspw. mehr als 50 Prozent der Haushalte im unteren Einkommensquintil (20 Prozent der Haushalte) kein eigenes Auto. Ihr Treibhausgasausstoß im Verkehr beträgt 1,5 t CO2. Im oberen Einkommensquintil sieht die Lage ganz anders aus: Dort besitzen 50 Prozent der Haushalte zwei und mehr Autos, ihr Ausstoß ist fast dreifach so hoch. Das gleiche Muster ist in nahezu allen anderen Bereichen zu erkennen: Reiche haben größere Wohnungen, verbrauchen mehr Strom, reisen und fliegen deutlich häufiger und weiter etc.
Betroffenheit von der Klimakrise
Menschen im globalen Süden sind von den Auswirkungen der Klimakrise deutlich stärker betroffen als Bewohner/innen im globalen Norden. Die immer häufiger auftretenden Extremwetterereignisse treffen in erster Linie Menschen, die gezwungen sind, in äußerst prekären und vulnerablen Verhältnissen zu leben wie z.B. am Rand natürlicher Überschwemmungsgebiete oder an unbefestigten Berghängen. Auch der Verlust von fruchtbaren Böden durch das Ansteigen des Meeresspiegels, die Desertifikation und die Versalzung von Böden haben besonders im Süden Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit. Ganze Landstriche werden unbewohnbar, Migration und Flucht sind die Folge.
In Deutschland macht sich die Klimakrise durch die immer zahlreicheren und stärkeren Hitzeperioden bemerkbar. Hierunter leiden besonders ältere und vorerkrankte Menschen (z.B. mit Herz-Kreislauf oder Atemwegserkrankungen, Erkrankungen der Niere oder psychische Erkrankungen), kleine Kinder und alle, die im Freien arbeiten. Aber auch Einkommensschwächere, da sie in un- oder schlecht gedämmten Wohnungen in eng bebauten Stadtteilen leben. Häufig fehlen dort abkühlende Frischluftschneisen. In den Jahren 2003, 2006 und 2015 verzeichnet das Umweltbundesamt fast 20.000 hitzebedingte Todesfälle.
Unsoziale Klimapolitik
Die bisherige Klimapolitik zeichnet sich in weiten Teilen durch eine soziale Unausgewogenheit aus. Die erneuerbaren Energien werden zum großen Teil über die EEG-Umlage finanziert, d.h. die Kosten werden auf jede Kwh. umgelegt, ausgenommen sind industrielle Großverbraucher im internationalen Wettbewerb. Trotz des geringeren Energieverbrauchs sind ärmere Haushalte durch die Energiekosten stärker belastet. Bei ihnen betragen die Energiekosten (ohne Kraftstoffe) 8,8 Prozent der Konsumausgaben, im Durchschnitt betragen diese 5,6 Prozent, einkommensstarke Haushalte spüren sie im Geldbeutel noch weniger. Dieser Trend wird sich künftig aufgrund der steigenden Energiepreise weiter verstärken. Andere klimapolitische Maßnahmen bevorzugen die Mittel- und Oberschicht. So profitieren von der Kaufprämie für Elektroautos, von energetischer Sanierung und der Pendlerpauschale einkommensstarke Haushalte. Auch die zu geringe Luftverkehrsabgabe oder die fehlende Kerosinbesteuerung begünstigen die Mittel- und Oberschicht, die den Hauptteil des Flugverkehrs verursachen.
Generationengerechtigkeit
Besonders unsozial ist die (zu wenig wirksame) Klimapolitik durch die Brille der Generationengerechtigkeit. Mit den momentan global abgegebenen Reduktionsversprechen, die in der Regel nicht eingehalten werden, steuert die Welt auf eine Temperaturerhöhung von 3-5° C zu. Die heutige Generation begrenzt wissentlich die Gestaltungs- und Überlebensmöglichkeiten der kommenden Generation(en) in nie dagewesenem Ausmaß.
Im Pariser Klimaabkommen ist völkerrechtlich verbindlich vereinbart die Erwärmung auf deutlich unter 2°, wenn möglich bei 1,5 ° zu begrenzen. Selbst bei 1,5 ° drohen Hitzewellen, Fluten und Dürren. Gefährliche Kipppunkte werden bei höheren Temperaturen erreicht, die wiederum unkontrollierbare Klimaänderungen und/ oder Treibhausgasemissionen in gigantischem Ausmaß verursachen.
Wie die Welt im Jahr 2050 ohne drastische Emissionsreduktion aussehen wird, ist selbst von Science-Fiction-Romanautor/innen nur schwer darstellbar. Heute Geborene stehen dann gerade am Anfang ihres Berufslebens.
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