Update Wohlfahrtsstaat und Klimaschutz
Zur Bundestagswahl fordert der Deutsche Caritasverband einen Klimaschutz, der allen nutzt. Der Klimawandel gefährdet die Existenzgrundlage von Menschen auf der ganzen Welt. Besonders Menschen mit geringem Einkommen sind von den Folgen betroffen, da sie nur unzureichende ökonomische Mittel haben, um sich zu schützen. Klimaschutz ist darum ein Gebot der sozialen und globalen Gerechtigkeit. Die Verantwortung endet nicht an Grenzen: Internationale Vereinbarungen zum Klimaschutz müssen konsequent umgesetzt und in Richtung eines wirksamen Klimaschutzes verbessert werden. Europäischen Politik muss der besonderen Verantwortung auch in diesem Politikfeld gerecht werden. Bund-, Landes- und Kommunalpolitik sind gemeinsam gefordert, effektive Maßnahmen in Deutschland in die Umsetzung zu bringen.
Klimapolitik muss sozial gerecht ausgestaltet und als Klimasozialpolitik verstanden werden. Es braucht in der gesellschaftlichen Debatte: Einigkeit statt Spaltung. Klimaschutz und Klimaanpassung gilt es verknüpft zu betrachten. Wesentlicher Bestandteil ist es, klimaschädliche Treibhausgas-Emissionen massiv zu senken. Sozialpolitisch sind vor allem die Bereiche Verkehr und Wohnen in den Blick zu nehmen. Es gilt, Konzepte für eine (klima)resiliente Gesellschaft zu entwickeln, die vor allem die Schwächsten vor den Risiken des Klimawandels schützen.
Der Deutsche Caritasverband hat seine klimasozialpolitischen Forderungen zur Bundestagswahl in einem „Udate Wohlfahrtsstaat festgehalten.
Eine klimagerechte und inklusive Mobilitätswende gestalten
- Eine sozial ausgewogene Verkehrspolitik muss mehr Geld in den Ausbau von Schiene und ÖPNV investieren – insbesondere auch in ländlichen Räumen. Das Deutschlandticket ist ein Erfolgsmodell, welches erhalten und dessen Weiterentwicklung (bspw. als FamilyPlus zur kostenlosen Mitnahme von Kindern oder mit geringeren Tarifen für Transfergeldbezieher_innen sowie für Freiwilligendienstleistende) geprüft werden sollte.
- Für eine sozial-ökologische Verkehrswende ist ein Ausbau des ÖPNV notwendig, bei dem Verkehrsknotenpunkte sozialräumlich barrierefrei und als Aufenthaltsräume für Schutzsuchende gestaltet sind. Die Perspektive von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, z.B. ältere oder behinderte Menschen mit Rollatoren und Familien mit Kinderwagen, gilt es dabei konsequent zu berücksichtigen. Bahnhofsmissionen sind wichtige Einrichtungen, um hilfebedürftige Menschen nicht aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, sondern so aufzufangen, dass Bahnhöfe Orte mit Aufenthaltsqualität für alle sind. Es gilt Bahnhöfe als Sozialräume zu verstehen und weiterzuentwickeln.
- Unter Beachtung der Landes- und Kommunalzuständigkeiten sind bundespolitische Initiativen zu ergreifen, um in Stadtentwicklungs- und Verkehrsplanung die Bedürfnisse aller Nutzer_innen, wie Fußgänger_innen und Radfahrer_innen, zu berücksichtigen und ihnen eine inklusive, klimafreundliche und sichere Mobilität zu ermöglichen.
- Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Berufsgruppen wie Pflegedienste und Menschen im ländlichen Raum sind im Alltag zu einem gewissen Grad auf Autos angewiesen. Auf dem Land sollten klimafreundliche Car-Sharing-Angebote sowie Ruf-Fahrangebote gestärkt werden, damit gesellschaftliche Teilhabe und Mobilität für alle erhalten bleibt. Durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen (z. B. Dienstwagenprivileg) und die Umwidmung in klimafreundliche Mobilitätsangebote (wie bspw. social leasing) kann eine sozial-ökologische Verkehrswende befördert werden.
Bezahlbares Wohnen und klimafreundlicher Umbau von Gebäuden ermöglichen
- Menschen mit geringen Einkommen leben häufig in energetisch schlecht sanierten Wohnungen, u.a. in öffentlich gefördertem Wohnungsbau. Für die energetische Sanierung des Sozialen Wohnungsbaus muss ein Förderprogramm aufgesetzt werden.
- Wohn- und Energiekosten in der Grundsicherung müssen so berechnet werden, dass auch steigende Kosten für Energie enthalten sind. Andernfalls droht Bedarfsunterdeckung in der Grundsicherung. Insbesondere Stromkosten sind im Regelbedarf gegenwärtig viel zu niedrig eingepreist. Menschen mit geringen Einkommen müssen beim Sparen von Energie unterstützt werden. Erfolgreiche Projekte wie der Stromsparcheck der Caritas, bei dem das klimaschützendes Empowerment einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen mit arbeitsmarkt- und teilhabepolitischen Ansätzen verknüpft wird, müssen mehr Menschen erreichen und entsprechend gefördert werden.
- Das Wohngeld, das Mieter_innen mit geringen Einkommen entlastet, muss so weiterentwickelt werden, dass Mieterhöhungen nach energetischen Sanierungen nicht zum Verlust der Wohnung führen. Die Klimakomponente im Wohngeld muss dafür so gestaltet werden, dass sie gezielt Haushalte entlastet, deren Wohnung saniert wurde.
- Reformbedürftig ist die Modernisierungsumlage, die in ihrer aktuellen Form nicht ausreichend zum Schutz der Mieter_innen nach einer energetischen Sanierung gestaltet ist. Erreicht werden muss eine gerechtere Aufteilung der Kosten, die gegenwärtig zu stark zu Lasten von Mieter_innen erfolgt. Dies kann durch das sogenannte Drittelmodell erreicht werden, durch das Vermieter_innen, Mieter_innen und der Staat jeweils ein Drittel der Modernisierungskosten tragen.
Eine krisenresiliente Gesellschaft befördern
- Extremwetterereignisse nehmen zu und treffen vor allem Menschen mit weniger Einkommen, da sie sich weniger gegen diese Schäden absichern und schützen können. Diese Auswirkungen müssen sozial gerecht und solidarisch aufgefangen werden. Umverteilungsaspekte gilt es zu stärken. Konzepte wie eine Klimasozialversicherung als neue sozialpolitische Säule gilt es zu prüfen, ggf. weiterzuentwickeln und dann in eine Umsetzung zu bringen.
- Die Bedarfe in schlecht isolierten bzw. unsanierten Wohnungen und Wohnsiedlungen von Menschen mit geringem Einkommen oder in anderen benachteiligten Lebenslagen müssen besser berücksichtigt werden. Innovative Projekt sollen in diesen Bereichen gefördert werden.
- Die nationale Katastrophenhilfe muss im Hinblick auf die absehbar regelmäßig auftretenden Extremwetterereignisse und ihrer Folgen weiterentwickelt und trotz aller Sparzwänge mit den nötigen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.
Soziale Träger auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen
- Freie Wohlfahrtspflege ist bei der Transformation zur Klimaneutralität durch ausreichend durchfinanzierte Förderprogramme mit kurzen Wartefristen im Objektbereich und Mobilitätsmanagement unbürokratisch zu unterstützen, um die energetische Modernisierung der zahlreichen Einrichtungs-Immobilien sowie die Umsetzung von CO2-mindernden Mobilitäts- und Verpflegungskonzepten unbürokratisch zu ermöglichen. Denn Klient_innen und Mitarbeitende sind insbesondere in Zeiten von globaler Erderwärmung und von Extremwetterlagen auf Hitze-, Kälte- und Überschwemmungsschutz in den Gebäuden und im Sozialraum angewiesen. Ebenso ist die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten aus Klimaschutzgründen geboten.
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