EU-Wahl 2024 – Soziale Klimapolitik wählen

Am 09. Juni 2024 wählen die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ein neues Parlament. Wirkungsvolle und soziale gerechte Klimapolitik ist eine der wichtigsten Aufgaben, die die Europäische Union in den kommenden Jahren zu bearbeiten hat. Der Deutsche Caritasverband hat sechs Visionen formuliert, wie Menschen in der EU sozial gerecht und ökologisch nachhaltig leben können.

Hand an Termostat

… denn auch Menschen mit wenig Geld wohnen gesund und bezahlbar. Die am schlechtesten gedämmten Gebäude werden als erstes saniert. Die Warmmiete steigt dadurch nicht.

Von den über 40 Mio. Haushalten in Deutschland/ den knapp 200 Mio. Haushalten in der Europäischen Union leben noch zu viele Menschen in Wohnungen und Häusern, die schlecht gedämmt sind und mit fossilen Heizungen betrieben werden. Dies betrifft vor allem Menschen mit geringeren Einkommen. Sie sind angesichts schwankender Öl- und Gaspreise, vor allem aber perspektivisch steigender CO2-Preise besonders darauf angewiesen, dass die Wohnungen und Häuser gedämmt werden und die Wärmeversorgung auf Erneuerbare umgestellt wird.

Eine schlechte Dämmung führt dazu, dass deutlich mehr Energie verbraucht wird, als eigentlich benötigt. Die Menschen heizen zu den zugigen Fenstern und Dächern raus, der Wohnkomfort ist eingeschränkt. Der Energieverbrauch eines Haushalts hängt neben der geografischen Lage innerhalb Europas auch von der Wohnungsgröße, der Anzahl der Bewohnenden, dem Nutzerverhalten sowie stark vom Baualter eines Gebäudes oder dem Sanierungszustand ab. Daher ist es wichtig, durch Dämmung den Energieverbrauch zu senken, gerade in Gebäuden, in denen Menschen mit niedrigen Einkommen leben.

Neben der Dämmung ist die Umstellung der Heizung auf erneuerbare Energien, wie bspw. Wärmepumpensysteme relevant. Dadurch machen wir uns unabhängiger von geopolitischen Verwerfungen und importiertem Gas und Öl. Sonne und Wind sind bereits heute die günstigste Art der Strom- und via Umwandlung Wärmeerzeugung.

Die Kosten für die energetische Sanierung müssen fair zwischen Mietenden, Vermietenden und der öffentlichen Hand (Drittelmodell) aufgeteilt werden, um eine finanzielle Überforderung einzelner Parteien zu verhindern. So kann die Höhe der Warmmiete unverändert bleiben, der Energieverbrauch sinkt deutlich, der verbleibende Energieverbrauch wird regenerativ gedeckt und die Lebensqualität steigt, denn zugige Fenster, Schimmelbildung, ungenügend geheizte Räume und Energiearmut gehören dann der Vergangenheit an. Gerade Einkommensärmere profitieren davon.

Frau in U-Bahn

… können Menschen in der Stadt und auf dem Land, auch mit Beeinträchtigung, egal ob jung oder alt. Das öffentliche Verkehrsangebot ist gut ausgebaut und günstig.

Die bisherige, stark auf das Auto fokussierte Verkehrspolitik hat Mobilitätsarmut erzeugt. Denn alle Menschen, die sich kein Auto leisten können, die zu jung, zu alt oder zu krank zum Autofahren sind oder die aus Umweltschutzgründen den Besitz eines Autos ablehnen, sind häufig von Mobilitätsarmut betroffen, gerade wenn sie in ländlichen Gebieten wohnen. Mobilität ist für sie häufig zu teuer, die nächst gelegene Einkaufsmöglichkeit oder das Ärztehaus ist zu weit weg, das Mobilitätsangebot ist nicht ausreichend oder die Nutzung des öffentlichen Verkehrs verschlingt aufgrund der schlechten Anbindung zu viel Zeit.

Ein gut ausgebautes, preisgünstiges öffentliches Verkehrssystem hingegen, das auch für Schichtarbeitende ein Angebot bereithält, ermöglicht allen Menschen eine sorgenfreie Mobilität. Darüber hinaus sollten Fuß- und Radwege deutlich ausgebaut werden, um eine sicherere, gesunde und komfortablere Nutzung zu ermöglichen.

Gleichzeitig gilt es, den Autoverkehr vor allem in den Städten einzuschränken, um Lärm und gesundheitsschädliche Feinstaubemissionen zu reduzieren, von denen vor allem diejenigen betroffen sind, die an viel befahrenen Straßen wohnen, sich selbst jedoch häufig kein eigenes Auto leisten können. Durch eine gezielte Zurückdrängung des Autoverkehrs würden Flächen frei für sichere Fuß- und Radwege und Bewegungsräume, die vor allem Kindern und Familien, aber auch Älteren einen besseren Alltag ermöglichen würden.

Bild Flugzeug

… wer viel CO2 emittiert, kann besonders viel fürs Klima tun. Und muss es auch!
Wirksame Gesetze sorgen für einen deutlichen Rückgang der Luxus-Emissionen.

Die Klimakrise wird nicht von allen Menschen gleichmäßig verursacht. In der EU sind die oberen 10 Prozent der Bevölkerung für 27 Prozent des CO2-Fußabdrucks oder anders ausgedrückt: Sie emittieren so viel oder etwas mehr als die unteren 50 Prozent der Bevölkerung in der EU.[1] Während die Emissionen der unteren Hälfte der Bevölkerung abnahmen, steigen die der oberen 10 Prozent weiter an und sorgen dafür, dass die Reduktionsziele bisher nicht eingehalten werden konnten.

Eine Klimapolitik, die die Luxusemissionen zu wenig beachtet, droht nicht nur die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verlieren, sie wird ihr Ziel der Treibhausgasneutralität auch nicht erreichen können. Daher brauchen wir eine Diskussion darüber, wie die Emissionen derer, die einen Großteil verursachen, wirksam gesenkt werden können. Flugreisen, auch mit Privatflugzeugen, Schiffsverkehr, Wohnflächenverbrauch und nicht zuletzt die Anlagestrategien von Privatkapital sind wirksame Hebel, damit alle ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten, auch diejenigen, die über viel Geld und Vermögen verfügen.

[1] Klimasoziale Transformation – Klimaschutz und Ungleichheitsreduktion wirken Hand in Hand (bertelsmann-stiftung.de)

Fußspuren im Sand

… wenn die Preise für Energie durch die CO2-Steuer steigen, gibt es klimafreundliche und günstige Alternativen, wie gut ausgebauten Bus- und Bahnverkehr und gedämmte Wohnungen.

In der Europäischen Union wird ab 2027 der Kauf und Verbrauch von Öl, Gas, Benzin und Diesel durch einen weiteren Europäischen Zertifikatehandel (ETS 2) bepreist und damit teurer. Diese Maßnahme soll eine Lenkungswirkung hin zu einer klimafreundlichen Produktions- und Konsumweise ermöglichen.

Damit die Menschen eine klimafreundliche Handlungsalternative haben, müssen diese Alternativen zeitnah geschaffen werden. Hierzu zählen der Ausbau klimafreundlicher Mobilität, wie der ÖPNV, Fernverkehr, aber auch Fuß- und Radverkehr. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Häuser und Wohnungen gedämmt werden und die Wärmeversorgung durch Erneuerbare Energien gesichert wird.

Ansonsten würden die Menschen nur zusätzlich finanziell belastet, ohne dass sie die Wahl einer klimafreundlichen Alternative treffen könnten.

Hand mit Glühbirne

… auf dem Balkon oder dem Mietshausdach – durch Förderprogramme für Menschen mit wenig Geld und mit einem guten rechtlichen Rahmen profitieren alle vom günstigen Sonnenstrom.

Wer eine Immobilie besitzt, hat die Wahl, den benötigten Strom durch die Installation einer Photovoltaikanlage weitestgehend selbst zu produzieren. Sie haben damit bisher stark vom Ausbau der Erneuerbaren Energien auch finanziell profitiert. Mietenden stand diese Option bisher nicht offen.

Durch Steckersolaranlagen, Vereinfachungen beim Mieterstrom und Förderprogramme für Menschen mit wenig Geld wäre es problemlos möglich, dass alle Menschen in Europa Teile ihres Strombedarfs selbst decken, damit unabhängiger vom Strommarkt werden und direkt vom Klimaschutz und der Energiewende profitieren.

Alle Forderungen auf einen Blick finden Sie hier (pdf, DIN A 4)
Die Forderungen des Deutschen Caritasverbandes zur EU-Wahl 2024 mit dem Kapitel „Klimaschutz sozial gerecht gestalten“ finden Sie hier.

Wir freuen uns, wenn Sie unsere Motive nutzen – zum Beispiel als Sharepics auf Social Media. Hier finden Sie die Motive als Grafiken zum Download.

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