Sabine Schröder ist Klimamanagerin im Bremer Krankenhaus St. Joseph-Stift – und kann viel erzählen von Bienen im Garten, vegetarischem Kantinenessen und Desinfektionsmitteln

Von Thomas Goebel

„Man macht sich keine Vorstellung, wie viel Papier jeden Tag in einem Krankenhaus verbraucht wird“, sagt Sabine Schröder. Für das Krankenhaus St. Joseph-Stift in der Bremer Innenstadt weiß sie es genau: 18.473 Kilogramm waren es im Jahr 2020. „Das haben wir dann komplett umgestellt auf Recyclingpapier“, erzählt sie, auch wenn es hier und da zunächst Skepsis gab, ob man zum Beispiel ein offizielles Gutachten darauf drucken könne. „Man kann!“, sagt Sabine Schröder.

Sie ist Qualitätsmanagementbeauftragte und seit 2018 auch Klimamanagerin in dem Haus und ständig damit beschäftigt zu schauen, wo etwas verändert, verbessert, umwelt- und klimafreundlicher gemacht werden kann – von Bechern in der Kantine über Klimaanlagen im OP bis zu Desinfektionsmitteln. „Das alles lebt davon, dass die Leute im Haus mitmachen“, sagt sie. „Und dass man dranbleibt. Wir haben hier inzwischen richtig Spaß an dem, was alles klappt.“

Wir sind ein großer Teil des Problems

Instagram-Posting Krankenhaus St. Joseph-Stift Bremen Schubkarre

Wildblumenwiese im Patientengarten – die Aktionen werden auf Social Media begleitet und kommuniziert.

Das Gesundheitswesen mache etwa fünf Prozent des CO2-Fußabdrucks in Deutschland aus: „Wir sind ein großer Teil des Problems“, sagt Schröder. „Wir können zwar nicht an allen Rädern drehen, aber doch an einigen.“ Beispiel Klimaanlagen in den Operationssälen: „Wir haben genau geschaut, wo überall sich die Anlagen abends runterschalten lassen – aber so, dass man sie in bestimmten OPs bei Notfällen schnell wieder hochfahren kann.“ Auch das Narkosegas hat das Haus gewechselt und damit die OP-Säle klimafreundlicher gemacht – denn manche der zur Narkose verwendeten Produkte haben ein hohes Treibhauspotenzial.

Schröder ist gelernte Medizinisch-technische Assistentin und Biologin; als Studentin jobbte sie im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Auf dem zugehörigen Forschungsschiff, der Polarstern, lernte sie in der Antarktis ihren Mann kennen, der als Meeresbiologe und Klimaforscher arbeitet. Dass etwas passieren muss, brauchte man ihr nicht erst zu erzählen. „Das Thema hat uns schon immer begleitet“, sagt sie. Über das Projekt „KLIK Green – Klimaschutz im Krankenhaus“ von BUND und Bundesumweltministerium machte sie eine Ausbildung zur Klimamanagerin. Die „Maßnahmendatenbank“ nutzt sie immer noch, 43 Projekte stehen aktuell darin, es werden immer mehr. „Etwa die Hälfte haben wir schon umgesetzt, die andere Hälfte ging nicht oder kommt noch …“, sagt sie.

Der Wunsch nach mehr vegetarischer Ernährung war stark

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Anlässliche des Klimastreiks von fridays for future gab im März 22 eine Veggie-Woche

Ein großes Projekt ist das Thema Ernährung. „Voriges Jahr haben wir in der Kantine eine vegetarische Woche ausprobiert und die Mitarbeitenden dazu befragt“, berichtet sie. „Der Wunsch nach mehr vegetarischer Ernährung war stark.“ Sie gründete im Haus eine Ernährungskommission, die von einer Ärztin geleitet wird, auch die Küchenchefin und der Leiter der Wirtschaftsabteilung sind Mitglieder. „Das Essen soll gesund, bezahlbar, machbar, regional und auf Dauer möglichst klimaneutral sein…“, beschreibt Schröder die Aufgabe, bei der es um mehrere tausend Essen geht, da die Kantine auch andere Einrichtung beliefert.

Inzwischen gibt es unter den Produzenten feste Lieferpartner in der Region. Statt zwei Essen mit Fleisch und einem vegetarischen ist es nun umgekehrt. Samstags ist alles vegetarisch, auch für Patientinnen und Patienten. Und das Haus denkt nachhaltig: „Wir haben in den Jahren 2020 und 2021 unglaubliche 236.000 Einwegbecher durch Mehrweg- und Recyclingprodukte ersetzt“, sagt Schröder.

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Die Veggie-Woche wurde auf Instagram begleitet

Was braucht es, um solche Zahlen zu erreichen? „Man braucht zumindest die Akzeptanz der Hausleitung“, sagt Schröder. Sie ist in ihrem Krankenhaus auch Beauftrage für das Leitbild – und darin steht die Bewahrung der Schöpfung. Die Chefs tragen die Ziele mit. „Eigentlich immer, wenn wir mit einer neuen Maßnahme kommen, wird genickt, wir bemühen uns aber auch immer, dass es nicht zu viel kostet …“ Teuer seien nur die Investitionen im Energiemanagement, einem eigenen Bereich. Aber etwa bei energetischen Anlagen und Wärmedämmung sei ja auch das wirtschaftliche Einsparpotenzial hoch.

 

Mein Job ist es, mich zu kümmern

Um auf Ideen zu kommen und die Leute zusammenzubringen, hat Schröder außerdem eine übergreifende Klima-Arbeitsgruppe mit Mitarbeitenden aus allen Bereichen gegründet. „Mein Job ist es, mich zu kümmern“, sagt sie. Wie bei der Neugestaltung des Gartens nach Umbauarbeiten. Eine Mitarbeiterin hatte die Idee, Bienenstöcke aufzustellen – Schröder brachte sie mit dem Gebäudemanager zusammen, sie fanden einen geeigneten Standort. Inzwischen gibt es auch bienenfreundliche Blühpflanzen und regionale Sträucher aus der norddeutschen Tiefebene in dem Krankenhaus-Garten.

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Vernetzung mit anderen in der Stadt erhöht die Wirksamkeit!

Nicht alles klappt. „Am automatischen Runterfahren der Computer für die Nacht sind wir bisher gescheitert – und auch am beidseitigen Bedrucken von Blättern als Standardeinstellung“, erzählt Schröder. Das hätte für jeden Mitarbeiter einzeln per Hand eingestellt werden müssen. „Die Kapazitäten hat unsere IT im Moment einfach nicht.“ Richtig stolz ist sie dagegen auf das neue Wischdesinfektionsmittel: „Aus Recyclingmaterial, biologisch abbaubar, sparsam verpackt – und sogar kostenneutral.“ So etwas gab es gar nicht auf dem Markt, erzählt sie. Man habe aber immer wieder bei Herstellern nachgefragt, auch gemeinsam mit anderen Interessenten: „Es müssen möglichst viele meckern“, sagt Schröder lachend. Es funktionierte: Irgendwann kam ein Hersteller mit der umweltfreundlichen Variante daher. „Man muss sich jede Sache einzeln anschauen“, sagt Schröder. „Das ist manchmal etwas anstrengend – aber es geht mehr, als man am Anfang denkt!“

„Wir haben hier inzwischen richtig Spaß an dem, was alles klappt.“Sabine Schröder ist es wichtig, diesen Tipp weiterzugeben: Sich nicht frustrieren lassen, Schritt für Schritt weiter machen, die Leute im Haus mitnehmen. Das schaffe auch Sinn in der Arbeit, sagt sie: „Wenn man etwas bewegt, fühlt man sich der Klimakrise nicht so hilflos ausgeliefert.“ Dafür, dass vieles nebenbei laufe, passiere wahnsinnig viel: „Damit wollen wir gerne anstecken – andere können das auch!“

 

Viele Informationen zum Klimaschutz im St. Joseph-Stift gibt es hier auf der Webseite des Krankenhauses

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